Aufbau der Mühle - Mühlen im Hessenpark

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Aufbau der Mühle

Kappenwindmühle



Es leben viele vom Wind,
die keine Mühle haben.

 

Aufbau der Borsflether Mühle im Hessenpark


Bei der Windmühle wie sie sich heute im "Freilichtmuseum Hessenpark" präsentiert, handelt es sich um einen Galerieholländer (oder auch Kappenwindmühle genannt) mit drehbare Kappe. Diese Mühlenart ist seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts für Norddeutschland typisch.

Die Mühle steht auf einem Erdwall in dem sich das gemauerte Fundament befindet. In diesem "Kellerbereich" ist heute die Werkstatt untergebracht. Auf dem Fundament ruht die gesamte Holzkonstruktion der Mühle in achteckiger Form, welche dem Gebäude zu Grunde liegt. Der Achtkant ist bis zu einer Höhe 4,50
m mit Holzplanken verkleidet. Anschließend, weiter nach oben, folgt eine mit Reet gedeckte Außenhaut. In etwa 3 m Höhe befindet rund um das Gebäude eine hölzerne Galerie, die mit Schrägstützen auf dem darunterliegenden Mühlenkörper gelagert ist. Zwei gegenüberliegende einflügelige Türen führen auf die Galerie. Von hier können verschiedene Arbeiten, wie z.B. das Betätigen der Steertwinde, das Lösen oder Festsetzen der Bremse, Bespannen oder Bergen der Segelflügel, durchgeführt werden.

Die Mühle hat eine Bauhöhe von ca. 18
Metern. Das Flügelkreuz mißt ca. 24 Meter. Bei mittlerem Wind der Stärke 5 - 6 drehen sich die Flügel 17 - 20 mal pro Minute.

Die Flügel werden mit Segel bespannt, um den Winddruck zu verstärken (daher der Name "Segelflügel", wobei die Segelfläche entsprechend der Windstärke aus- oder eingerollt werden müssen). Jedes Flügelende ist mit einem Blitzableiter gesichert.

Der achteckige, sich nach oben verjüngende Ständerbau, der Achtkant, ist inclusive der drehbaren Kappe mit Reet gedeckt.

Der Zugang zur Mühle ist entweder über ein Tor im Kellerbereich oder über eine zweiflügelige Tür obererdisch (Erdgeschoß), auf Absackbodenhöhe, möglich. Hier wird das von den Mahlgängen kommende Mahlgut in Säcke abgefüllt - den Abfüllstutzen (Abb. 1). Neben den Abfüllstutzen, den Mehlpfeifen, stehen im Erdgeschoß ein Sechskanter (Trommelsichter - Abb. 2) sowie eine  Sackausklopfmaschine (Abb. 3). Außerdem werden der Sackaufzug und die Einstellung des Mahlganges von hier bedient, der elektrische Antrieb des Motors zum Betreiben der Mühle und wahlweise ein oder zwei Mahlgänge geschaltet.

Der Achtkant besteht aus acht schräg nach oben laufenden Hauptbalken, den Hookstielen. Je zwei sich gegenüberstehende Hookstiele sind etwa auf halber Höhe miteinander verbunden. Die vier Querbalken, die jeweils zwei Ständer verbinden, liegen parallel und bilden die Basis für das darauf ruhende Stockwerk. Außen werden die Hookstiele durch waagerecht umlaufende Zwischenriegel miteinander verbunden. Je zwei übereinanderstehende scherenförmige Balkenkreuze (Andreaskreuze) zwischen den einzelnen Ständern geben dem Balkenverband die nötige Festigkeit. Oben und unten wird der Achtkant durch das obere und untere Tafelsegment abgeschlossen. Auf dem noch achteckigen oberen Tafelsegment ruht festverankert ein Drehkreuz, auf dem sich die Kappe dreht.

Die einzelnen Böden der Mühle werden Soller oder Söller genannt. Nach den auf dem jeweiligen Boden verrichteten Arbeiten bzw. den dort untergebrachten Geräten werden die Namen der Söller (Böden) bezeichnet. Der oberste heißt Kappboden (Kapsöller abgeleitet von der Kappe), etwas tiefer befindet sich der Sichterboden (Sichten = Sieben; auch Elevatorsöller genannt, abgeleitet vom Getreideförderungsschacht = Elevator). Direkt unter dem Sichterboden ist der Behälterboden (auch Sackaufzugboden). In Höhe der Galerie liegt der Steinboden bzw. Walzenboden (abgeleitet von Mühlsteinen bzw. vom Walzenstuhl). Unterhalb der Steine im Erdgeschoß, wo sich der Müller während des Mahlvorganges meistens aufhält, ist der Absackboden.

Drehbar auf dem Achtkant gelagert ist die Kappe mit den Flügeln. Sie ruht auf zwei etwa 45 cm starken Balken, den Fughölzern, die im Abstand von gut einem Meter parallel auf dem Drehkranz liegen. Damit sie und damit zugleich die Kappe beim Drehen nicht aus der Bahn geraten, sind sie an ihren Auflagepunkten vorn und hinten in der Stärke des Drehkranzes eingeschnitten. Auf den Fughölzern und den sie verbindenden Balken ist das Holzgerüst der Kappe befestigt.

In der Kappe liegt die Flügelwelle (Abb. 4), ein konischer Eichenbalken mit einem Querschnitt am oberen Ende von etwa 60x60 cm und am unteren von etwa 40x40 cm. Die Achse liegt nicht waagerecht, sondern ist vorne etwas höher gelagert, damit der Wind, der meistens in einem Winkel von oben einfällt, senkrecht auf das Flügelkreuz trifft. Das vordere Lager der Flügelwelle besteht aus ölhaltigem Schiefergestein, das hintere Lager ist aus Eisen. Für das vordere Lager ist die Bezeichnung Katzenstein weit verbreitet, was sich vom Geruch des weichen, ölhaltigen Gesteins herleitet, der sehr stark an Katzenurin erinnert.

Die Flügel (Abb. 5)
der Mühle drehen sich gegen den Uhrzeigersinn. Bei einem senkrecht nach unten stehenden Flügel ist dessen schmaler Teil das sogenannte Vorheck. Hier sind die Windbretter angebracht. Die gut doppelt so breite hintere Seite der Flügelfläche wird Achterheck genannt. Dieses besteht aus einem Gitter von Längs- und Querlatten bei den Segelflügeln. Vor- und Achterheck stehen in einem bestimmten Verbindungswinkel zueinander, der zur Flügelspitze nach vorübergehender Abflachung wieder spitz zuläuft. Auf diese Weise entsteht eine Wölbung im Flügel, in der sich der Wind staut, dessen Schubkraft damit effektiver genutzt wird.

Senkrecht in der Mühle - genau im Zentrum des Achtkants - steht die auf dem sogenannten Dunstbalken gelagerte Hauptwelle, der König (Abb. 6). Auf der Flügelwelle sitzt das 2,9  Meter im Durchmesser große Achsrad, das auch Kammrad (72 Zähne - Abb.7) genannt wird. Über ein am oberen Ende des Königs befestigtes Rad mit einem Durchmesse von 1,7  Meter, dem Bunkler (44 Zähne - Abb. 8), treibt das Achsrad den König an.
(Bei unserer Mühle sind die Zähne vom Bunkler entfernt worden, dadurch besteht keine Verbindung zwischen dem Kammrad und dem Bunkler. Als Antrieb dient in der Mühle ein Elektromotor - dieser treibt über einen Treibriemen, der stirnseitig um den Bunkler gespannt wird, diesen direkt an. Somit lassen sich unabhängig vom Wind die Mahlgänge betätigen.)

Am unteren Ende des Königs sitzt ein großes Zahnrad mit ca vier Metern Durchmesser. Weil die Zähne in die Stirnseite der Felge dieses Rades eingelassen sind wird es Stirnrad (130 Zähnen - Abb. 9) genannt. Das Stirnrad treibt über zwei Korbräder (Abb. 10) und (Abb. 11), die jeweils am oberen Ende eines Spills (=drehbare Achse zum Antrieb des oberen Mühlsteins) sitzen (32 Zähne für den Schrotgang und 33 Zähne für den Mahlgang), die Mahlgänge an. Bei den Korbrädern handelt es sich um ein Rad, das aus zwei runden, an den Rändern durch Stäbe verbundenen Holzscheiben besteht. Die Korbräder haben einen Durchmesser von ca. 100 cm und damit eine Übersetzung von etwa 1:4.

Bei der gesamten Kraftübertragung der Windmühle fassen hölzerne Kammräder, Zahnräder und Korbräder ineinander. Wenn alle Kämme und Zähne gut eingepasst sind, also nicht wackeln, läuft die Mühle relativ geräuschlos. Die Pflege der Kämme geschieht durch regelmäßiges Einreiben mit Bienenwachs. Von Vorteil für den leichten Lauf der Räder ist die Reetverkleidung des Achtkants, da diese für ein gleichbleibendes Klima in der Mühle sorgt, so dass die Kämme nicht so leicht austrocknen und dadurch ihren festen Sitz verlieren und zu klappern beginnen.

Durch die unterschiedlichen Größen von Achsrad, Bunkler, Stirnrad und Korbrädern kommt es zu großen Übersetzungsunterschieden bei der Kraftübertragung. Das Verhältnis von  Achsrad zu Bunkler beträgt 1,65:1, das Verhältnis von Stirnrad zu den Korbrädern 4:1. So ergeben sich bei 15 Umdrehungen des Flügelkreuzes pro Minute etwa 95 Umdrehungen für den  Mahlgang, also an den Korbrädern bzw. an den Mühlsteinen. Wieviel Energie dabei umgesetzt wird lässt sich nur schwer beantworten. Über 30 PS bis an die 60 PS sind im Prinzip möglich.

Unterhalb des Bunklers ist an der Königswelle ein weiteres Rad zum Antrieb des Sackaufzuges (Abb. 12) angebracht. Dieses Rad ist glatt und wird durch Ziehen des Sackaufzugseiles an eine mit der Königswelle festverbundene Holzscheibe gepreßt. Durch den Anpreßdruck wird der Sackaufzug betätigt und der Kornsack nach oben befördert. Diese Konstruktion hat die Bezeichnung "Storchennest". Mittels Sackaufzug lassen sich Kornsäcke von unten bis hinauf zum Sackaufzug ziehen.

Das vom Korbrad angetriebene Spill dreht den oberen der beiden Mahlsteine eines Mahlganges (oder Schrotganges), den Läuferstein (Abb. 13), während der festliegende Mühlstein Lieger (Abb. 13a) genannt wird.


Die Steine des Mahlganges sind mit einer Holzverkleidung, der Bütte (Abb. 14), umgeben
. Auf dieser Verkleidung befindet sich ein großer Trichter (Abb.15) zum Einfüllen des Getreides. Am unteren Ende des Trichters sitzt der sogenannte Rüttelschuh (Abb. 16), der dafür sorgt, daß das Korn gleichmäßig in den Mahlgang rieselt, die die Zerkleinerungsarbeiten erledigen - dieser Rüttelschuh verursacht das berühmte "Klappern" der Mühle. Der obere der beiden Mahlsteine dreht sich, der untere ist fest in Waage eingerichtet. Die Getreidekörner gelangen durch ein rundes Loch im Läuferstein, dem Steinauge, und einem besonders ausgeformten Hohlraum zwischen die Steine. Die Hohlräume werden als Schluck bezeichnet. Die Steine liegen jedoch nicht direkt aufeinander, sondern haben zueinander einen variablen Abstand, den Mahlspalt. Zur Veränderung des Mahlspalts wird der Läufer gehoben oder gesenkt. Dies ist möglich, da im Steinauge der Haue, ein Metallstück, eingelassen ist. In die Haue greift von unten, durch ein Loch im Bodenstein, eine Welle, das Unter- oder Mühleisen. Damit aber durch dieses Loch kein Mahlgut austreten kann, wird das Mühleisen von einem Buchslager eng umschlungen. Am unteren Ende hat das Mühleisen ein Spurlager. Dieses ruht auf einem Hebelsystem, dem Lichtwerk (Abb. 17), über das der Mahlspalt verändert werden kann.

Die Zerkleinerungsarbeit zwischen den Steinen verläuft von innen nach außen. Dies ermöglicht die Schärfe der Steine, die aus Rillen und flächigen Bereichen besteht. Die Rillen werden Luftfurchen genannt und können bogen- oder strahlenförmig ausgeführt sein. Zwischen ihnen befinden sich die Mahlbahnen. Die Furchen verlaufen vom Boden- zum Läuferstein gegenläufig und haben mehrere Aufgaben. Die Gegenläufigkeit führt dazu, dass ähnlich wie bei einer Schere Kanten zueinander geführt werden, die die Getreidekörner aufschneiden. Durch die Furchen wird Luft zum Kühlen des Mahlprozesses gefördert, so dass die Klebereiweiße des Getreidekorns nicht durch Wärmeeinwirkung zerstört werden. Außerdem übernehmen sie den Transport von zerkleinertem Mahlgut nach außen, unterstützt durch die Zentrifugalkraft. Die Mahlprodukte sammeln sich nach dem Durchlaufen der Mahlfläche zwischen den Steinen und der Bütte. Sie hat an einer Stelle einen Auslass, an dem sich ein Holzrohr, Mehlpfeife (Abb.18) genannt, mit Sackstutzen oder Mehlrutsche anfügt. Die Drehbewegung des Läufersteins führt dazu, dass die Mahlprodukte zu diesem Auslass transportiert werden. Dazu dient ein Ausräumer, der an dem Läuferstein befestigt ist.

Damit die gewünschten Verarbeitungseigenschaften der Mahlsteine erhalten bleiben, gehört u.a. dazu, dass die Mahlsteine regelmäßig nachgeschärft werden. Dazu wird der Läuferstein angehoben und umgedreht, so dass seine Mahlfläche oben liegt. Der Vorgang des Hebens und Drehens geschieht mit Hilfe eines schwenkbaren Steinkrans (Abb. 19), der direkt neben dem Mahlgang angebracht ist. Das Schärfen der Steine (= Billen) geschieht mit einem speziellen Hammer, dem Billhammer (Abb. 20).

In der Kappe wirkt auf das Kammrad der Flügelachse die Bremse  (Abb. 21) und (Abb. 22 - Draufsicht) der Mühle. Sie hat einen langen Hebelarm, arbeitet wie eine Backen- oder Felgenbremse und wird von der Galerie aus über eine Kette und den sogenannten Fangstock (Abb. 24) bedient. Häufig ist der aus der Kappe herausragende Fangstock besonders verziert.

Die Mühlenkappe (Abb. 24) ruht auf einem starken eisernen Zahnkranz. Samt Flügelkreuz wird am Steert (Abb. 24) gedreht. Der Steert ist gegenüber dem Flügelkreuz an der Kappe angebracht. Es ist ein senkrecht hängender langer Balken mit mehreren Verstrebungen zur Kappe. Das Ende des Steerts reicht bis auf die Galerie (Abb. 24). Von dort wird mit Hilfe einer Winde (Abb. 23) die Kappe in den Wind gedreht.

Eine Zusammenfassung der wesentlichen Komponenten (Kappe - Fangstock - Steert - Galerie) ist dem Übersichtsbild zu entnehmen.



Beschreibung in Anlehnung der Veröffentlichung: "Deutsche Mühlenführer, Heft 2,
Die Accumer Mühle von Dieter Mögling"

Deutsche Mühlenführer, Herausgegeben von Gisela Becker und Heiko Brüning
Verlag: Vereinigung zur Erhaltung der Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen und Bremen e.V.,
Corsicakamp 33, 4500 Osnabrück

 

 
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